Qualitätsklassen für feste Partikel
Die Norm definiert Qualitätsklassen für feste Partikel basierend auf der maximalen Anzahl von Partikeln pro Kubikmeter Luft in verschiedenen Größenbereichen. Diese Klassifizierung ist von entscheidender Bedeutung für viele industrielle Anwendungen, bei denen selbst kleinste Partikel Probleme verursachen können.
Betrachten wir die Klassen im Detail:
Klasse 1: Diese höchste Klasse erlaubt maximal:
- 20.000 Partikel pro m³ für Partikel von 0,1-0,5 μm
- 400 Partikel pro m³ für Partikel von 0,5-1 μm
- 10 Partikel pro m³ für Partikel von 1-5 μm
Um die Herausforderung dieser Anforderung zu verdeutlichen, stellen wir uns ein Volumen von einem Kubikmeter vor. Wenn wir dieses Volumen gleichmäßig in Würfel mit einer Kantenlänge von 1 mm aufteilen würden, hätten wir eine Milliarde solcher Würfel. Die Klasse 1 erlaubt in diesem gesamten Volumen nur 10 Partikel, die größer als 1 μm sind. Dies entspricht praktisch der Reinheit eines Operationssaals.
Praktisches Beispiel: In der Halbleiterproduktion ist eine solch hohe Reinheit oft erforderlich. Ein einzelnes Partikel von 1 μm könnte mehrere Transistoren auf einem modernen Mikrochip bedecken und so dessen Funktion beeinträchtigen.
Berechnung der erforderlichen Filtereffizienz: Nehmen wir an, die Umgebungsluft enthält 1.000.000 Partikel pro m³ im Bereich von 0,1-0,5 μm. Um Klasse 1 zu erreichen, muss der Filter eine Effizienz von:
E = (1.000.000 – 20.000) / 1.000.000 * 100% = 98%
Dies erfordert hocheffiziente HEPA-Filter (High Efficiency Particulate Air).
Klasse 2 bis 5: Diese Klassen erlauben progressiv mehr Partikel. Zum Beispiel erlaubt Klasse 3:
- Keine Begrenzung für Partikel von 0,1-0,5 μm
- 90.000 Partikel pro m³ für Partikel von 0,5-1 μm
- 1.000 Partikel pro m³ für Partikel von 1-5 μm
Praktisches Beispiel: In der Lebensmittelverpackungsindustrie könnte Klasse 3 ausreichend sein. Hier ist die Kontrolle größerer Partikel wichtiger, da diese eher sichtbar sind und das Erscheinungsbild des Produkts beeinträchtigen könnten.
Klassen 6 und 7: Diese Klassen werden durch Massenkonzentration definiert.
- Klasse 6: ≤ 5 mg/m³
- Klasse 7: 5 < Konzentration ≤ 10 mg/m³
Diese Klassen sind typisch für allgemeine industrielle Anwendungen, wie pneumatische Werkzeuge oder Spritzlackieranlagen.
Berechnung der Partikelmassenkonzentration: Nehmen wir an, wir haben 1.000.000 sphärische Partikel pro m³ mit einem Durchmesser von 1 μm und einer Dichte von 2,5 g/cm³ (typisch für Mineralstaub).
Volumen eines Partikels: V = (4/3) * π * (0,5 * 10^-6 m)³ = 5,24 * 10^-19 m³ Masse eines Partikels: m = 5,24 * 10^-19 m³ * 2,5 * 10^6 g/m³ = 1,31 * 10^-12 g Gesamtmasse pro m³: 1,31 * 10^-12 g * 1.000.000 = 1,31 mg/m³
Diese Konzentration würde noch in Klasse 6 fallen.
Qualitätsklassen für Feuchtigkeit
Die Feuchtigkeit in Druckluft wird entweder durch den Drucktaupunkt (für Klassen 1-6) oder den Wassergehalt (für Klassen 7-9) definiert. Die Kontrolle der Feuchtigkeit ist entscheidend, um Korrosion, Bakterienwachstum und Störungen in pneumatischen Systemen zu verhindern.
Klasse 1: Drucktaupunkt ≤ -70°C Dies ist die strengste Klasse und erfordert spezielle Trocknungstechniken wie Tiefkühlung oder hocheffiziente Adsorptionstrockner.
Praktisches Beispiel: In der Raumfahrtindustrie, wo extreme Temperaturschwankungen auftreten können, ist ein sehr niedriger Taupunkt erforderlich, um jegliche Eisbildung in pneumatischen Systemen zu verhindern.
Berechnung des Wassergehalts: Bei -70°C und 1 bar beträgt der Sättigungsdampfdruck von Wasser etwa 0,0026 Pa. Wassergehalt = (0,0026 Pa / (1 * 10^5 Pa)) * 10^6 = 0,026 ppm (v/v)
Dies entspricht etwa 0,000021 g Wasser pro m³ Luft – eine extrem geringe Menge.
Klassen 2-6: Diese decken Drucktaupunkte von -40°C bis +10°C ab.
Praktisches Beispiel für Klasse 4 (Drucktaupunkt ≤ +3°C): In vielen allgemeinen industriellen Anwendungen, wie der Verwendung von Druckluft für Pneumatikzylinder, ist Klasse 4 ausreichend. Sie verhindert Kondensation bei normalen Umgebungstemperaturen.
Berechnung der Wasserentfernung: Angenommen, wir haben Lufteintritt bei 20°C, 100% relativer Feuchtigkeit und 7 bar Druck. Der Wassergehalt beträgt etwa 23 g/m³. Um Klasse 4 zu erreichen, muss der Wassergehalt auf etwa 6 g/m³ reduziert werden.
Zu entfernende Wassermenge = 23 g/m³ – 6 g/m³ = 17 g/m³
Für einen Luftstrom von 100 m³/h bedeutet dies eine Wasserentfernung von 1,7 kg/h.
Klassen 7-9: Diese werden durch flüssigen Wassergehalt definiert.
- Klasse 7: ≤ 0,5 g/m³
- Klasse 8: 0,5 < Wassergehalt ≤ 5 g/m³
- Klasse 9: 5 < Wassergehalt ≤ 10 g/m³
Diese Klassen sind typisch für Anwendungen, bei denen eine gewisse Feuchtigkeit tolerierbar oder sogar erwünscht ist, wie bei einigen Sprühprozessen.
Qualitätsklassen für Öl
Die Ölklassen beziehen sich auf den Gesamtölgehalt, einschließlich flüssigem Öl, Öl-Aerosolen und Öldämpfen. Die Kontrolle des Ölgehalts ist entscheidend, um Produktkontaminationen, Verstopfungen von Filtern und Ventilen sowie Umweltprobleme zu vermeiden.
Klasse 1: ≤ 0,01 mg/m³ Dies ist die strengste Klasse und erfordert mehrere Reinigungsstufen.
Praktisches Beispiel: In der Pharmaindustrie, wo jegliche Ölkontamination die Produktqualität beeinträchtigen könnte, ist Klasse 1 oft erforderlich.
Berechnung der erforderlichen Reinigungseffizienz: Angenommen, der Ölgehalt nach der Kompression beträgt 5 mg/m³. Um Klasse 1 zu erreichen, muss die Reinigungseffizienz sein:
E = (5 – 0,01) / 5 * 100% = 99,8%
Dies erfordert typischerweise eine mehrstufige Filtration:
- Ölabscheider: Entfernt grobe Öltröpfchen, Effizienz etwa 99%
- Feinfilter: Entfernt feinere Öltröpfchen, Effizienz 99,99%
- Aktivkohlefilter: Entfernt Öldämpfe, Effizienz 99,9999%
Gesamteffizienz: 1 – (1-0,99) * (1-0,9999) * (1-0,999999) = 99,999999%
Klassen 2-4: Diese erlauben progressiv höhere Ölgehalte.
- Klasse 2: ≤ 0,1 mg/m³
- Klasse 3: ≤ 1 mg/m³
- Klasse 4: ≤ 5 mg/m³
Praktisches Beispiel für Klasse 3: In der allgemeinen Fertigungsindustrie, wo Druckluft für pneumatische Werkzeuge verwendet wird, ist Klasse 3 oft ausreichend. Eine geringe Menge Öl kann sogar vorteilhaft sein, da sie zur Schmierung der Werkzeuge beiträgt.
Berechnung der Ölkonzentration in der Luft: Angenommen, ein Kompressor mit einer Förderleistung von 10 m³/min verbraucht 0,1 ml Öl pro Stunde.
Ölvolumen pro m³ Luft = (0,1 ml/h) / (10 m³/min * 60 min/h) = 0,000167 ml/m³ Bei einer Öldichte von 0,9 g/ml ergibt dies eine Massenkonzentration von: 0,000167 ml/m³ * 0,9 g/ml = 0,15 mg/m³
Dies würde Klasse 3 entsprechen.
Die Anwendung dieser Qualitätsklassen in der Praxis erfordert ein tiefes Verständnis der Reinigungstechnologien und der spezifischen Anforderungen der jeweiligen Industrie. In vielen Fällen ist eine Kombination verschiedener Reinigungstechniken erforderlich, um die gewünschte Luftqualität zu erreichen und aufrechtzuerhalten.